Beteiligt an 81 Filmen und 7 Serien (als Schauspieler/in, Produzent/in, Regisseur/in, ...)
Kevin Spacey ist ein amerikanischer Film- und Theaterschauspieler, der in den neunziger Jahren mit Filmen wie Die üblichen Verdächtigen (1995) und American Beauty (1999) bekannt wurde, für die er zwei Oscars gewann. Heute liegt sein Schwerpunkt noch bis 2015 als Intendant des Old Vic in London beim Theater.
Leben und Werk
‘Das war großartig, Junge. Du solltest nach New York gehen und das studieren.’ Kevin Spacey (* 26. Juli 1959 in New Jersey) erhielt dieses Lob als 13-Jähriger bei einem Schauspielseminar von Jack Lemmon. Zwei Jahre später bei einer High School-Aufführung von Arthur Millers All My Sons, als er bemerkte tatsächlich einen Effekt auf das Publikum zu haben, wusste er, er wollte nicht nur Schauspieler werden, sondern er war nun einer.
Zusammenarbeit mit Jack Lemmon
Jack Lemmon wurde in den folgenden Jahren sein wichtigster Mentor. Beide standen mehrmals gemeinsam auf der Bühne (u.a. in Eugene O’Neills Long Day’s Journey Into Night als Vater und Sohn) und teilen sich sogar zwei Einträge in ihren Filmografien: Dad (1989) sowie Glengarry Glen Ross (1992), die Verfilmung des preisgekrönten Stücks von David Mamet, das vom beeindruckenden Cast (Al Pacino, Alec Baldwin, Ed Harris, Alan Arkin, Jonathan Pryce) liebevoll ‘Death of a Fuckin’ Salesman’ betitelt wurde. Mit diesem Film konnte Spacey erst richtig beim Film Fuß fassen, der ihm bisher nur undankbare, winzige Nebenrollen eingebracht hatte, obwohl er 1991 bereits einen Tony Award für Neil Simons Broadway-Hit ‘Lost in Yonkers’ gewann und in der TV-Serie Kampf gegen die Mafia (1987-1990) als durchgeknallter Mafiaboss und Waffenhändler Mel Profitt erste Fans gesammelt hatte.
Die 1990er: der erste Oscar
Die Neunziger sahen den einzigartigen Solo-Aufstieg des Ensemble-Künstlers Kevin Spacey. Sein persönliches Annus mirabilis war das Jahr 1995, in dem kurz nacheinander The Hollywood Factor, Outbreak – Lautlose Killer und vor allem Sieben und Die üblichen Verdächtigen in die Kinos kamen. Das Kinopublikum begann seinen Namen und sein Gesicht zu verbinden und obendrein bescherte ihm seine Rolle als Roger ‘Verbal’ Kint den ersten Academy Award.
Spacey hatte von nun an das Image des Jokers auf jeder Besetzungsliste, vom manipulativen Maniac über den Serienkiller hin zum Gesellschaftslöwen. Der ganz große Durchbruch beim Massenpublikum kam mit American Beauty. Sam Mendes suchte für seinen Erstling ‘einen durchschnittlichen wie auch ganz besonderen Menschen’ und fand ihn: ‘Kevin has a kind of phlegmatic, vulnerable, foolish quality, as well as an ability to turn every mundane moment into an extraordinary moment of focus. He has a laser beam behind his eyes. With just a twitch of the head he zaps and makes the hairs stand up on the back of your neck.’
Als Jack Vincennes im Meisterwerk L.A. Confidential zeigte er uns die von Mendes beschriebenen Laserstrahlen in seinen Augen. [Spoiler für den Rest des Absatzes, für alle die L.A. Confidential und American Beauty noch nicht gesehen haben] In seinem überraschenden Abgang sieht man in einer bewundernswert langen Szene wie das Leben aus seinen Augen weicht, dabei stirbt er mit einem Lächeln auf den Lippen und zeigt uns, dass er das mysteriöseste Lächeln seit der Garbo besitzt. Eine ähnliche Szene findet sich auch in ‘American Beauty’.
James Ellroy nannte ihn am Set von L.A. Confidential zwar ‘The Alpha Dog’, doch Spacey ist ein lenkbarerer Schauspieler, keiner der dem Regisseur gegenüber den Star herauskehrt: ‘I like to let them guide me and shape me like I’m a piece of butter’. Er ordnet sich dem Film unter. Da mag er als begnadeter Imitator – eine kurze Zeit verdingte er sich in jungen Jahren als Stand-Up Comedian – noch so sehr Rampensau sein, dieses Talent kanalisiert er auf Bühne und Film durch Referenzen: sein Lester Burnham ähnelt Jack Lemmon in ‘The Apartment’ nicht zufällig und für ‘L.A. Confidential’ erhielt er von Regisseur Curtis Hanson eine nur aus zwei Worten bestehende Regieanweisung: Dean Martin. Spacey ist kein klassischer Leading Man, er zieht die Blicke bewusst auf sich und verschließt sich ihnen wieder. Man spürt seine Präsenz, ohne ihn im Fokus zu haben, notfalls kann er sich komplett zurücknehmen und anderen die Show überlassen. Das macht ihm zu einem idealen Ensembledarsteller. Sein Privatleben hat er zum Frust der Medien ebenso konsequent unter Verschluss gehalten – ganz nach Al Pacinos Merksatz: Je weniger das Publikum von deiner Persönlichkeit weiß, desto offener wird es gegenüber den Charakteren sein, die du verkörperst.
Der Filmzirkus verliert an Reiz
Kevin Spacey durchschaut das Geschäft mit der Verführung: Industrie, Medien und Publikum lieben am jeweiligen Darsteller vor allem jenes Gesicht, mit dem sie ihn entdeckten, und davon sind alle nur schwer abzubringen. Spacey, bis dahin gerne als ‘Psycho vom Dienst’ abgestempelt, empfand die Rolle des Lester Burnham als Befreiung, so ganz anders als die ihm üblich angebotenen Rollen: der coole, zynische Strippenzieher im Hintergrund, der allen immer einen Schritt voraus ist. Auf diesen Wandel folgte im Jahr 2000 der zweite Oscar und Spacey verschloss sich dem Rampenlicht Hollywoods sogleich wieder: ‘As far as I’m concerned, when I looked at what happened in my career […] I thought it couldn’t get much better. What was I going to spend the rest of my life doing? Trying to top myself? Trying to stay hot, trying to make sure I was in the right movies? I don’t give a shit. I’m trying to do something with my success which is bigger than myself. I’m no longer interested in my personal career. I am interested in the impact I can have on a lot of other people’s careers and on audiences.’
Überzeugt alles erreicht zu haben, verlor der Filmzirkus für ihn an Reiz und er folgte erneut einem Ratschlag Jack Lemmons, der immer am Boden geblieben war, und bei Spacey bleibenden Eindruck hinterließ: ‘[…] if you’ve been fortunate enough to be successful in the business that you wanted to be in, then it is your obligation to send the elevator back down’. Spacey wäre ohne fremde Hilfe nie soweit gekommen und nun war er in der Position anderen zu helfen.
Die Webpräsenz seiner 1997 gegründeten Produktionsfirma Trigger Street Productions verwandelte er mit Dana Brunetti 2002 zu einer populären Online-Platform, für junge Drehbuchautoren und Filmemacher, die ihre Werke auf der Seite hochladen und von Gleichgesinnten bewerten lassen, an Wettbewerben teilnehmen und Studios und große Namen auf sich aufmerksam machen können. Spacey selbst ist seitdem größtenteils in jenen Trigger Street Produktionen (wie z.B. State of Mind, 21 oder zuletzt Shrink – Nur nicht die Nerven verlieren) aufgetreten, um diese zu unterstützen. Mit Trigger Street produzierte er auch den preisgekrönten The Social Network von David Fincher und meinte einmal: ‘The best thing about The Social Network is that I am not in the movie, I did not have to be.’ Der Film war auch ohne seinen Namen ein großer Erfolg.
Spacey macht nun was er möchte und erfüllt sich seine Träume. 15 Jahre lang versuchte er, Bobby Darins Leben zu verfilmen. Er fand keinen Regisseur und entschloss sich, bevor er noch älter wurde, den Film selbst zu drehen. Das Geld konnte er letztlich in Deutschland auftreiben und so entstand 2003 Beyond The Sea größtenteils in Babelsberg. Sanssouci (im Winter) muss als Toskana herhalten und ein Potsdamer Kinderspielplatz im Park als Beverly Hills. Seit seinem Regiedebüt Albino Alligator (1996) hat sich sein Können hier zwar merklich weiterentwickelt, doch gänzlich gelungen ist der Film bei weitem nicht, überall tropft Spaceys Herzblut aus den Bildern und damit war er leider zu nah an der Geschichte dran, um sie wirklich gekonnt erzählen zu können. Er selbst singt und tanzt durch den Film, ein Talent, welches er nicht nur in Musicals auf der Bühne gerne mal auslebt, aber sich weigert auszuschlachten.
Die größte Veränderung ist jedoch, dass Spacey zu seiner alten Liebe, dem Theater, zurückgekehrt ist. Nie hatte er der Bühne ganz den Rücken gekehrt: 1998 spielte er den Hickey in Eugene O’Neills The Iceman Cometh im Londoner West End und am Broadway. Er wurde Mitglied des Theatre Trust Board des Old Vic Theatre in London. Ein altehrwürdiges Theater, das lange Zeit Heimat der National Theatre Company war und unter anderem bereits von Sir John Gielgud, Sir Laurence Olivier sowie Richard Burton geleitet wurde und Albert Finney, Judi Dench, Maggie Smith, Derek Jacobi und Peter O’Toole auf die Bühne ließ. Dieses Theater hatte eine finanziell harte Zeit hinter sich und schon lange keine eigenen Produktionen mehr aufgeführt als 1998 diskutiert wurde es in ein Pub, eine Bingo-Halle oder gar einen Stripclub zu verwandeln. Alles schrie auf und Spacey wurde damals bereits die künstlerische Leitung des Theaters angeboten. Seit er als Kind hier mal eine Aufführung gesehen hatte, liebte er das Old Vic und obwohl er nicht sofort zusagte, war die Entscheidung schon damals gefallen.
Theaterleben: Das Old Vic
Im Jahr 2003 zog er von New York nach London und wurde zum Artistic Director, also zum Intendanten des Theaters, ein Engagement von 10-12 Jahren, mit dem ehrgeizigen Ziel das Old Vic zu renovieren, es finanziell auf sichere Füße zu stellen und wieder ein eigenes Schauspielensemble mit eigenen Produktionen aufzubauen, auf dass sich das Theater auch nach ihm fortbestehen kann. Nicht leicht für ein Haus, das keine Fördergelder von Stadt und Land bekommt und sich selbst finanzieren muss. Das ist nun sein Full-Time-Job, inklusive Papierkram, Charity-Betteltouren, ab und an selbst Regie führen und auf der Bühne stehen.
Beim Publikum waren beinahe alle Stücke der vergangenen Jahre ein Erfolg, Londons Theaterkritiker für sich zu gewinnen erwies sich als weit schwieriger. Diese behandelten ihn zu Beginn wie er es erwartet hatte, als dahergelaufenen Ami, der sich nur wichtig machen will und auf einer englischen Traditionsbühne nichts verloren hat. Dabei erinnerte er sich an Sam Wanamaker, einem amerikanischen Schauspieler und Regisseur, der nach England kam und in den siebziger Jahren begann Shakespeares Globe Theatre zu bauen. In den ersten Jahren wurde es ihm so schwer wie möglich gemacht und nun ist London voll des Lobes und glücklich das Theater zu haben.
Das Old Vic kooperiert mit anderen Theatern in der Welt. In Deutschland ist man regelmäßig bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen vertreten. Spacey selbst trat 2006 mit der Trevor Nunn-Inszenierung ‘Richard II’ für über eine Woche im Ruhrpott auf und brachte ein paar Jahre später Jeff Goldblum in David Mamets Stück Speed-The-Plow dort ebenfalls auf die Bühne.
Machiavellische Gegenwart: Richard III und House of Cards
2011 und 2012 tourte er als Richard III mit einer Inszenierung von Sam Mendes um die Welt und dreht derzeit die zweite Staffel für die Politserie und erste große Netflix-Eigenproduktion House of Cards, die er in Kooperation mit David Fincher realisiert. Für seine Rolle des Frank Underwood wurde er 2015 mit einem Golden Globe als Bester Hauptdarsteller in einer Dramaserie ausgezeichnet.
(SMR)